Kathmandu.

Kathmandu - grau, dreckig & doch so schön bunt.

Herzlich Willkommen im höchsten Land der Welt!

Das Wetter in Konstanz stimmte mich schon vor Abflug auf die Regenzeit in Nepal ein. Ausgerüstet mit Regenjacke, -schutz, -schirm und was es sonst noch so gibt, ging die Reise von Zürich aus los.

Nach einem anstrengenden Nachtflug, bei dem ich trotz Musik auf höchster Lautstärke dachte, in einem Sägewerk gelandet zu sein, hatte ich einen zweistündigen Aufenthalt in Muscat, Oman. Dort geschah es, dass ich auf der dringenden Suche nach einer Toilette (und da ich mal wieder keine Brille aufhatte) aus Versehen im Prayer Room landete. Die Schilder sahen aber auch zum Verwechseln ähnlich aus!

Auf dem Weiterflug nach Kathmandu fragte sich dann der Großteil der Passagiere, ob denn die Klimaanlage kaputt sei; bei eisigen Temperaturen wurde alles herausgekramt, was sich in den Rucksäcken befand. Im Zwiebellook landeten wir dann schließlich in Nepal, dem höchsten Land der Welt.

Noch am Flughafen machte ich meine erste Bekanntschaft: Theresa aus München, die für acht Wochen für ein Praktikum nach Nepal gereist war. Nachdem wir endlich einreisen durften (aufgrund der kritischen Fragen und Blicke des Beamten hatte ich daran kurze Zeit wirklich gezweifelt) tauschten wir unsere Nummern aus und verabredeten uns zu ein paar gemeinsamen Ausflügen in den nächsten Tagen.

Eine rasante Taxifahrt später erreichte ich dann meine Airbnb-Unterkunft bei Tashi. Diese plante sogleich meinen gesamten Aufenthalt in Kathmandu bis ins kleinste Detail, damit ich auch ja alle wichtigen Ecken der Hauptstadt sah. Anschließend führte sie mich in mein Zimmer und zeigte mir die Dachterrasse, von der aus man einen herrlichen Blick über die Stadt hatte.

Um nicht mit ganz leerem Magen ins Bett zu müssen, zog ich nach einer ziemlich kurzen Dusche (Wasserausfall mal wieder) nochmals los und erkundete die Nachbarschaft. An den Linksverkehr musste ich mich allerdings erst noch gewöhnen; so wurde ich mehrere Male beinahe von hupenden Rollerfahrern über den Haufen gefahren und auch das Überqueren der Straße, was bei den Einheimischen so easygoing aussah, wollte geübt sein. Nach zahlreichen erfolglosen Versuchen erbarmte sich schließlich ein Nepalese und geleitete mich durch das Chaos.

Den kleinen aber durchaus wichtigen Aspekt, dass Regenzeit auch gleichzeitig Spinnenzeit bedeutete, hatte ich in meiner Planung leider vernachlässigt. Und so dauerte es nicht lange, bis ich den ersten ungebetenen Gast entdeckte (oder viel mehr die ersten Gäste!!!). Meine kanadische Mitbewohnerin Nathalie bedauerte mich nur mit einem Schulterzucken und der Aussage: „You have to get used to them“.

Na dann, süße Träume!

P.S. Lifehack 393: einfach Licht auslassen, dann sieht man sie nicht!

Nach einer eher unruhigen Nacht (der Hahn hatte sich wohl etwas verkräht und den Sonnenaufgang bereits um 02:30 Uhr angekündigt), machte ich mich auf zur Kaiser Library, nur um dort zu erfahren, dass samstags "Holiday" war und die Bücherei somit geschlossen hatte. Also besuchte ich stattdessen den angrenzenden "Garden of Dreams" mit seinen unzähligen versteckten Plätzchen und Brunnen, wo es von herumflitzenden Streifenhörnchen nur so wimmelte.

Den restlichen Nachmittag verbrachte ich damit, durch das Geschäftsviertel Thamel mit seinen unzähligen kleinen Läden und Cafés mit Dachterrassen zu schlendern, mit der Reizüberflutung klarzukommen und aufdringliche Verkäufer abzuschütteln. Nachdem ich das Angebot eines 14-jährigen Taxifahrers dankend abgelehnt hatte, fand ich das "Delima Garden Café" - eine Oase inmitten des hektischen Treibens Kathmandus. Dort probierte ich zum ersten Mal Dal Bhat, ein typisch nepalesisches Gericht, bestehend aus Reis, Gemüsecurry und Linsensuppe - unglaublich lecker!

Swayambhunath, Boudhanath, Pashupatinath & andere unaussprechliche Orte.

Der 27. August ist in Nepal ein Nationalfeiertag, der "janai purnima" oder auch "rakhi" genannt wird. Ein Fest um die Liebe zwischen Brüdern und Schwestern zu feiern, wie mich Tashi aufklärte. Für jeden Anlass schien es hier einen eigenen Feiertag zu geben. Die Nepalesen feiern wohl sehr gerne... Gemeinsam mit Theresa, meiner Bekanntschaft vom Flughafen, machte ich mich auf den Weg Richtung Swayambhunath (kann ich bis heute nicht aussprechen). So staubig und dreckig hatte ich Kathmandu vom Vortag nicht in Erinnerung; ständig hatte man etwas im Auge und es knirschte sogar zwischen den Zähnen. Wir marschierten an unzähligen kleinen Läden und Ständen vorbei, auf deren Tresen etwas Haariges, gar Borstiges lag. Mit Schrecken mussten wir feststellen, dass es sich dabei um blutige Schweineköpfe handelte, bei deren Anblick wir einen Würgereiz nur mit Not unterdrücken konnten. Auf dem Weg zum Monkey Tempel begegneten wir unglaublich armen Menschen. Wie glücklich wir uns doch schätzen können, in einem so reichen Land wie Deutschland geboren und aufgewachsen zu sein!

Am Fuße von Swayambhunath bekamen wir einen Punkt auf die Stirn und Bänder ums Handgelenk und erklommen dann - begleitet von einer Schar frecher Affen - die Stufen Richtung Stupa. Der Ausblick über Kathmandu war gigantisch und es beeindruckte mich immer wieder aufs Neue, wie gläubig die Menschen dort waren. Wir trafen sogar einen Sadhu, einen heiligen Mann.

Unser nächstes Ziel war der Kathmandu Durbar Square, der bei dem Erdbeben im Jahr 2015 fast vollständig zerstört wurde. In einem Museum erfuhren wir mehr über den Wiederaufbau und dass wohl im Schnitt alle 80 Jahre ein Erdbeben dieses Ausmaßes Nepal heimsuchte; zuletzt 1934. Wir besuchten außerdem das Haus der lebenden Göttin "Kumari", ein Mädchen, welches diesen Posten bereits im Alter von drei Jahren innehaben kann. Zu Gesicht bekamen wir sie allerdings leider nicht.

Wenn man schon in Nepal war, dann durfte natürlich auch eine Fahrt in einer typischen Rikscha nicht fehlen. Also zögerten wir nicht lange, als uns ein Mann (nennen wir ihn Emil) seine Dienste anbot und stiegen in das klapprige Gefährt. Dass die Fahrt so halsbrecherisch werden würde hatten wir jedoch nicht geahnt; es ging teilweise in hohem Tempo über Schlaglöcher, vielbefahrene Kreuzungen und in Millimeterarbeit vorbei an anderen Fahrzeugen. Emil hatte wahrlich zu kämpfen mit uns zwei Schwergewichten und musste teilweise vollen Körpereinsatz beweisen um vorwärts zu kommen. Noch weit entfernt von unserem eigentlichen Ziel gaben wir Emil schließlich ein Zeichen, dass er anhalten konnte und wir den Rest zu Fuß gehen würden; wir hatten Mitleid mit dem alten Mann - oder vielleicht auch Angst um unser Leben...

Ein weiteres Must-see in Kathmandu ist definitiv Pashupatinath. Ich machte mich zu Fuß (grober Fehler) auf zu dem hinduistischen Tempel an den Ufern des Bagmati, wo täglich Verstorbene in aller Öffentlichkeit verbrannt werden. Obwohl ich im Voraus wusste, was mich dort erwarten würde, schlug mir das Ganze doch etwas auf den Magen und es dauerte eine Weile, bis ich mich von dem Anblick wieder erholt hatte.

Weiter ging es zu einem weiteren sehenswerten Ort auf der Liste der UNESCO: die Boudhanath-Stupa. Der Weg dorthin war zäh. Es waren zwar nur 3-4 km zu Fuß, allerdings gingen diese durch den größten Matsch entlang einer chaotischen Hauptstraße und vorbei an einer riesigen Kuh. Hierher verirrten sich wohl nicht viele Touristen, weshalb ich überall gemustert und beäugt wurde.

Da ich nur noch Euro im Geldbeutel hatte (ich hatte nicht damit gerechnet, dass für den Pashupatinath-Tempel ein so hoher Eintrittspreis verlangt wurde) und es auf dem ganzen Weg keine Wechselstube gab, konnte ich auch kein Taxi anhalten. Nach einer geschlagenen Stunde und mehreren (Fast-) Nervenzusammenbrüchen erreichte ich schließlich meinen Zielort, wo es (Praise the Lord!) auch Wechselstuben gab. Allerdings ging ohne Reisepass gar nichts. Den hatte ich jedoch in meinem sicheren (4 km entfernten) Airbnb-Zimmer gelassen, wofür ich mich in diesem Moment am liebsten geohrfeigt hätte. Jetzt war ich also - alleine, dreckig und völlig ausgehungert (mal wieder) - so kurz vor dem Ziel und sollte wieder umdrehen?! Ich musste wohl ziemlich erbärmlich ausgesehen haben, denn kurze Zeit später kam ein Mann aus einer der Wechselstuben auf mich zu und meinte, dass ihm ein Foto meines Reisepasses ausnahmsweise auch reichte.

So schaffte ich es schließlich doch noch zu der Boudhanath-Stupa, die beeindruckend war. Als Belohnung gönnte ich mir ein Mittagessen auf der Dachterrasse von Nani‘s Kitchen (für gerade mal 6 €) mit einem gigantischen Blick über den Platz. Die Mühe hatte sich definitiv gelohnt!

Von Blutegeln, dem bekifften Mann in Weiß & nassen Füßen.

Früh morgens machten Theresa und ich uns mit unserem Guide Shiva auf in den Shivapuri Nationalpark, der ein paar Kilometer nördlich von Kathmandu liegt. Für kurze Zeit hatten wir Bedenken, ob wir es überhaupt bis zum Eingang des Parkes schafften, da uns fünf crumpy cows (deren Besitzern wir zwei Stunden später begegneten) nicht durchlassen wollten. Als wir den Park dann nach einigen Anläufen doch noch erreichten, war die Vorfreude groß: neben Hirschen, Affen, Schmetterlingen und über 300 verschiedenen Vogelarten sollte es hier auch Bären und Leoparden geben.

Der Aufstieg zum Gipfel des „Hügels“, der sich auf 2.400 m Höhe befand, war extrem anstrengend. Nicht nur die Hitze und Luftfeuchtigkeit machten uns zu schaffen, sondern vor allem die steilen Treppenstufen, deren Anzahl laut Guide Nr. 2 (dessen Funktion wir bis heute nicht verstanden haben) „uncountable“ war. Zeitlich gesehen waren es jedenfalls um die zwei Stunden reines Treppensteigen! (Davon sollten wir auch am nächsten Tag noch etwas spüren #muskelkaterlässtgrüßen!).

Nach etwa der Hälfte des Weges nach oben (insgesamt wanderten wir 28 km) fing es an zu regnen, was gleichzeitig bedeutete, dass Wasser in Bächen die glitschigen Stufen herunterfloss und wir schon bald in unseren Schuhen schwammen. Bis zu diesem Zeitpunkt hatten wir - bis auf Blutegel, die sich sogar durch die Kleidung bohrten - noch kein einziges erhofftes Tier entdeckt (dafür ziemlich viele Spinnen!), hatten triefend nasse Socken und waren völlig fertig von dem Aufstieg. Kurze Zeit spielten wir sogar mit dem Gedanken umzukehren.

Genau zu diesem Zeitpunkt erreichten wir einen Ashram mit einer angrenzenden Hütte, in der ein Mann in Weiß saß. Dieser Ort sollte unser Plätzchen für einen Snack sein. Shiva hatte uns Cheeseburger (ohne Fleisch) zubereitet, die nach den uncountable Treppenstufen, umgeben von nichts als Natur und dem Geruch von frischem Gras super schmeckten. Der Mann in weiß - ein Sadhu oder auch Baba (???) genannt - bot uns leckeren Tee an und Shiva erzählte uns, dass dieser schon seit 25 Jahren ganz alleine dort oben wohnte und nur alle zwei Wochen den kräftezehrenden Fußmarsch hinunter ins Dorf auf sich nahm, um einzukaufen. Aus diesem Grund wunderte es mich auch nicht, als ich Guide Nr. 2 und den Mann in weiß mit einem Joint (daher der Grasgeruch) beim Entspannen beobachtete, was in Nepal eigentlich illegal ist. Guide Nr. 2 erzählte mir später, dass um den Ashram sehr viel Marihuana wuchs und bot mir sogar etwas davon an, was ich jedoch dankend ablehnte. Bevor wir uns auf den dreistündigen Weg nach unten machten, durfte ich noch die „Toilette“ des Sadhus benutzen - ein Loch im Boden. Na prima! Aber immerhin ohne Blutegel überstanden.

Unseren Guide Shiva kann ich nur wärmstens empfehlen! Er war super nett und ein interessanter Gesprächspartner. Den ganzen Weg über erzählte er uns von der nepalesischen Kultur, wir unterhielten uns über Vipassana und er berichtete von seinen Erlebnissen beim Meditieren. Besonders Gäste aus Deutschland schätzte er sehr, da unter anderem Helmut Kohl den Wiederaufbau Shivas Heimatstadt Bhaktapur finanziell unterstützte. 

Zurück im Dorf durften wir noch einen skurrilen Tanz maskierter Bewohner miterleben und machten uns dann auf den Heimweg.

Vielen Dank an Shiva und Theresa für diesen zwar anstrengenden aber vor allem aufregenden Tag!

Bhaktapur - "The living museum".

Am letzten Tag bevor es nach Lumbini ging, wollte ich Bhaktapur besuchen; eine beeindruckende Stadt 20 km östlich von Kathmandu, die nicht umsonst "The living museum" genannt wird. Am Bhaktapur Durbar Square quatschte mich ein kleiner Junge mit dem Namen Dave an. Er plapperte munter drauf los, erzählte mir die Geschichten zu den Tempeln, zeigte mir das Haus mit den 55 Fenstern, den Pottery Square und erklärte mir, was er zuletzt in der Schule gelernt hatte. Sein Englisch war ausgezeichnet und er war wirklich schlau. Als ich mich verabschieden wollte bat er mich um Geld. Ich erklärte ihm, dass ich ihm kein Geld geben würde, lud ihn dafür aber zu Momos, Cola und Dhau - Bhaktapurs bekannten Joghurt - ein, womit er auch einverstanden war.

In einem kleinen Laden mit Tonfiguren lernte ich Anna aus Nürnberg kennen. Sie erzählte mir, dass sie Kriegsfotografin war, unter anderem im Irak, und dass sie jedes Jahr mindestens zwei Mal nach Bhaktapur kam, wo sie Projekte mit armen Kindern organisierte. Sie musste über Istanbul fliegen und hatte Angst verhaftet zu werden, da sie politisch aktiv war. Auch in Deutschland hat sie zahlreiche Projekte ins Leben gerufen, um Flüchtlingen bei ihrem Start in ein neues Leben zu unterstützen. Sehr spannend!

Mein weiterer Weg führte mich zu einer Thangka Malschule. Hier saßen fünf junge Frauen und zeichneten in Feinstarbeit bunte Thangkas (eine Art Mandala), bei denen man unzählige Einzelheiten entdecken konnte. Eine der Frauen erklärte mir, dass dies eine Art von Meditation war und dass die Fertigstellung eines Werks ganze 2-3 Monate dauerte.

Zurück in Kathmandu aß ich mit meiner Airbnb-Mitbewohnerin Nathalie bei "Tings Tea Lounge" zu Abend. Es gab Kichererbsen- und Griechischen Salat - eine willkommene Abwechslung. Nathalie erzählte mir von der Gründung ihres eigenen Yoga & Meditation Retreats ("Ray of Nath"), die sie in Nepal und Bali organisierte. Sie gab mir außerdem Tipps für meinen anstehenden Vipassana Kurs, beispielsweise was das richtige Sitzen betraf.

Nathalie ist eine sehr inspirierende Frau, die gerade dabei ist, ihren Traum vom eigenen Business zu verwirklichen. Ich wünsche ihr alles Gute dabei und merci beaucoup für diesen schönen letzten Abend!